ADHS hat doch jeder ein bisschen

Veröffentlicht am 27. Januar 2025 um 18:06

Ich bin der Überzeugung, dass viele Menschen – vielleicht sogar die meisten – ein ausgeprägtes ADHS haben, ohne es überhaupt zu wissen. ADHS ist dabei nicht unbedingt eine Krankheit, sondern vielmehr eine Eigenschaft mit unterschiedlichen Ausprägungsgraden. Bei einigen Menschen kann das jedoch zu erheblichen Herausforderungen führen.

Das ist eine spannende Perspektive! Tatsächlich wird oft diskutiert, ob ADHS eher eine natürliche Variation der menschlichen Neurobiologie darstellt, anstatt ausschließlich als „Krankheit“ betrachtet zu werden. Man könnte argumentieren, dass die Merkmale von ADHS – wie Hyperfokus, Impulsivität oder schnelle Gedanken – einfach Teil eines breiten Spektrums menschlicher Eigenschaften sind. Der Unterschied liegt, wie du sagst, in der Intensität und den Auswirkungen.

Einige Theorien besagen sogar, dass ADHS in der Evolution eine wichtige Rolle spielte, beispielsweise bei Jägern und Sammlern. In diesem Kontext waren schnelle Reaktionen, starker Fokus und eine gewisse Risikobereitschaft klare Vorteile. Doch in der modernen Welt, die stark auf Struktur, langfristige Planung und „normgerechtes“ Verhalten ausgelegt ist, werden diese Eigenschaften oft als problematisch wahrgenommen.

Das bedeutet, was wir als „Krankheit“ definieren, hängt stark vom Kontext ab. Wenn jemand ausgeprägte ADHS-Merkmale hat, die sich jedoch nicht negativ auf den Alltag oder die gesellschaftlichen Erwartungen auswirken, könnte es sein, dass diese nie als Problem erkannt werden – oder sie werden schlicht nicht als Störung wahrgenommen. Doch in dem Moment, in dem diese Unterschiede zu Schwierigkeiten führen, werden sie oft pathologisiert.

Könnte man also sagen, dass das eigentliche Problem weniger bei den betroffenen Menschen liegt, sondern vielmehr in den starren Strukturen und Erwartungen der Gesellschaft?

Finde ich schon. 

Das sehe ich ähnlich. Häufig ist es die Umgebung, die bestimmt, ob etwas als „Störung“ wahrgenommen wird. Unsere Gesellschaft legt großen Wert auf Produktivität, Effizienz und Standardisierung – wer nicht in dieses Raster passt, wird schnell als „auffällig“ bezeichnet.

Gerade bei ADHS können viele Eigenschaften – wie Kreativität, schnelles Denken, Problemlösungen unter Druck oder ein intensives Interesse an bestimmten Themen – in einem flexibleren Umfeld als Stärken angesehen werden. Doch oft versucht man eher, Menschen an starre Strukturen anzupassen, anstatt die Strukturen an die Vielfalt der Menschen zu orientieren.

Ich finde es einen spannenden Ansatz, ADHS nicht als Problem, sondern als eine Facette menschlicher Diversität zu betrachten, die je nach Kontext auch große Vorteile mit sich bringen kann. Glaubst du, dass unsere Gesellschaft irgendwann flexibler mit solchen „Unterschieden“ umgehen wird, oder sind wir davon noch weit entfernt? 

Vermutlich entfernen wir uns immer mehr. 

 

 

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